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Wir haben einen lieben Freund und einen treuen Wegbegleiter verloren.
Jacov Shepetinski ist am 16. September 2020 in Ramat Gan, Israel gestorben.
Seit 2005 ist das Internationale Jugendworkcamp Bünde-Belarus mit Jacov Shepetinski eng verbunden. Das Jugendworkcamp ist eine Gruppe von Jugendlichen orthodoxen, jüdischen, katholischen, evangelischen oder konfessionslos Glaubenden aus Belarus und Bünde/Kreis Herford. Die Jugendlichen verrichten Arbeitseinsätze bei Kriegs-/Holocaustüberlebenden und bedürftigen Menschen in Belarus. Dieser Einsatz ist eng verknüpft mit der Auseinandersetzung der Deutschen Geschichte.
Im November 2005 nahm Jacov mit seiner Frau Lucy an der Rückbegegnungswoche in Bünde teil. Im Jugendworkcamp dieses Jahres fand die erste Spurensuche zu seiner Geschichte statt. Seither sind wir jedes Jahr auf seinen Spuren in Belarus unterwegs: in Slonim, seiner Heimatstadt, in Zaversh’e, Okuninovo, Kosovo, Chepelovo, Cemiely, Mogilitsy, Iwazewitschy, Teliachany, Oginsy-Kanal – 10. Schleuse, Svyatitsa, Chudin, Hanzawischy, Khovanshchina und Brest. In den vergangenen 15 Jahren waren etliche hundert junge Menschen aus Belarus und Deutschland auf Jacovs Spuren unterwegs. Bei der Vorbereitung und dann auf der Reise selbst waren wir stets mit Jacov im Gespräch. Anrufe und Bilder gingen hin und her, alle unsere Fragen beantwortete Jacov direkt. Darüber hinaus haben die Jugendlichen über ihre Reisen Berichte geschrieben und was es ihnen bedeutet hat, auf seinen Spuren unterwegs zu sein.
Das heutige Belarus wurde 1920, noch als Weißrussland benannt, kurzfristig zur Litauisch- Weißrussischen Sowjetrepublik erklärt. 1921 musste die bolschewistische Regierung die westlichen Gebiete Weißrusslands an Polen abtreten. Jacov wuchs also im damaligen Ost-Polen, dem heutigen West-Belarus in der zu Ende gehenden Lenin-Ära auf. Er erlebte als Jugendlicher die darauffolgende stalinistische Herrschaft, im Juni 1941 dann die Okkupation seines Landes durch die Nationalsozialisten und den Holocaust (Pogrom am jüdischen Volk).
67 Ermordete hatte Jacov in seiner Familie zu beklagen. Am 14. November 1941 geriet Jacov selbst in den Todesmarsch von Slonim nach Chepelovo. Aus dem Massengrab konnte er nachts wie durch ein Wunder fliehen. In den Wäldern von Zavodnyi Les trat Jacov den Partisanen bei, bis er 1944 in der Nähe von Pinsk für die Rote Armee rekrutiert wurde. In dieser Einheit kämpfte er und zog zu Fuß quer durch Polen, von Ost nach West, bis vor den Reichstag nach Berlin. Dann geriet er in die Mühlen des sowjetischen Regimes. Verurteilt als politischer Häftling, kam er von dem Untersuchungsgefängnis in Potsdam in ein weiteres Gefängnis nach Torgau/Elbe. Schließlich wurde er in einem Eisenbahnwagon über Kasan (Russland) in den Nordural (westsibirisches Tiefland) in den Gulag und zuletzt noch für zwei Jahre mit Aberkennung der Bürgerrechte nach Karaganda (Kasachstan) überführt.
Als freier Mann kam er 1956 nach Riga und gründete eine Familie, mit der er am 15. Juni 1966 nach Israel einwanderte. Krieg, Holocaust, Leben und Leiden im Gulag und in der Verbannung waren die Stationen auf Jacovs langem Weg, eine Heimat zu finden. Das Land, für das er wieder kämpfte, wurde seine Heimat, auf die er stolz war, stolz auch, sie endlich erreicht zu haben.
1967 und 1969 erhielt Jacov eine Vorladung für den Landesgerichtsprozess in Hamburg zur Identifizierung des Gebietskommissars Erren, der für die Verbrechen von Slonim hauptverantwortlich war, auch für die Ermordung von Jacovs Großmutter. Er war Kronzeuge des Prozesses: Dank seiner Beweiskraft und seines Erinnerungsvermögens konnte Erren als Hauptverbrecher verurteilt werden. Kurz nach Jacovs Rückkehr vom Prozess starb seine Frau Riva – nachdem die junge Familie erst drei Jahre in Israel war. Eine sehr knappe Zeit, um in einem Land ein neues Zuhause aufzubauen und wieder Fuß zu fassen. Schließlich musste Jacov einen Beruf finden, den Lebensunterhalt verdienen und eine neue Sprache erlernen. Er musste mit der grausamen persönlichen Geschichte und den Traumata leben lernen und dazu noch als alleinerziehender Vater die Verantwortung für sein Kind tragen. Jacob fand jedoch eine neue Liebe. Er heiratete Lucy am 3. März 1971. Sie waren bis zu Lucys Tod am 13. Februar 2018 glücklich verheiratet, ihr ganzer Stolz waren die Familie und die Enkelkinder.
2005 lernte ich Jacov und Lucy beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hannover kennen. Bereits dort lernte Jacov das Internationale Jugendworkcamp kennen und schätzen. Gleich danach entwickelten wir gemeinsam in Israel die historische Spurensuche zu Jacovs Leben für das Jugendworkcamp in Belarus. 15 Jahre lang hat Jacov die Arbeit des Jugendworkcamps intensiv begleitet, mitgearbeitet und nach all seinen Kräften und Möglichkeiten unterstützt. Er war stolz auf alle jungen Menschen, die sich mit grosser innerer Beteiligung auf seine Spurensuche begeben haben.
Wir haben Jacov als äusserst warmherzigen, weltoffenen, uns stets zuwandten und an allem interessierten Freund kennengelernt. Wenn man sich mit ihn unterhielt, spielte weder sein Alter noch unser Alter eine Rolle. Jacov war einer von uns. Für uns ist es unbegreiflich, wie Jacov ein demokratisch und humanistisch denkender und handelnder Mensch bleiben konnte – und das trotz allen Unrechts, Übels und aller Gewaltherrschaft, die er am eigenen Leib erlitten hat.
Unser größter Dank gilt Dir, Jacov, für Deine Freundschaft und Liebe. Besonders zu uns Deutschen. Durch unsere Vorfahren hast Du das größtmögliche Unheil für Dich, Deine Familie und Dein Volk erlitten und bist um viele Jahrzehnte Deines Lebens beraubt worden. Deine Spuren haben uns tief berührt. Wir sind Deinen Wegen nachgegangen, haben viel diskutiert über die Geschichte, Deine Geschichte und Dein Schicksal, das wir zutiefst bedauern. Leider können wir für unsere Vorfahren nichts wiedergutmachen. Du hast Versöhnung wirklich gelebt. Für uns ist es jetzt kälter geworden ohne Dich. Deinesgleichen wird die Welt wohl nicht mehr sehen. Ich verneige mich vor dir in größtem Respekt und danke Dir sehr für unsere 15-jährige Freundschaft.
Jacov, möge Dein Leben, Dein Schaffen und Wirken uns ein Vorbild sein, uns Kraft geben, uns für das einzusetzen, was die Menschheit niemals vergessen darf.
Ulrike Jaeger
Niemals geht man so ganz- Ella Endlich, Florian Silbereisen:
https://m.youtube.com/watch?v=FByqDnn0O8I
Alles für das Vaterland- Michael Oginski:
https://m.youtube.com/watch?v=hkduweoONoY
https://www.ijwc.org/index.php/jacob-shepetinski.html